ANSPRUCH AUF HOMEOFFICE?
Anlässlich der Pandemie hat der Gesetzgeber mit der Corona-Arbeitsschutzverordnung vorübergehend und befristet bis zum 30.04.2021 ein Recht auf Homeoffice geschaffen. Doch es stellt sich natürlich die Frage, was passiert danach? Denn bislang galt, dass der Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice hat.
Ausnahme: Im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung wurde die Möglichkeit von Homeoffice festgeschrieben.
Doch stellt dies noch eine zeitgerechte Regelung dar? Es ist erfreulich zu sehen, dass sich bei den einzelnen Arbeitsgerichten ein positiver Trend abzeichnet. So zum Beispiel in dem Urteil des ArbG Berlin vom 10.08.2020 (Az.: 19 Ca 13189/19) :
Hier stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Änderungskündigung. Die Klägerin war seit knapp 30 Jahren in der Berliner Niederlassung der Beklagten (Hauptsitz: Wuppertal) angestellt. Anfang 2019 wurde von der Beklagten die Schließung der Niederlassung in Berlin zum 31.12.2019 beschlossen. Mit der Folge, dass sämtliche dort tätigen Arbeitnehmer entlassen werden würden, bis auf fünf Vertriebsassistenten, welche sich auf fünf freie Stellen im Hauptsitz bewerben könnten. Die Klägerin unterließ eine Bewerbung, weswegen ihr von der Beklagten fristgerecht gekündigt wurde und diese der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Wuppertal anbot.
Das Arbeitsgericht Berlin erklärte aus folgenden Gründen die Kündigung für unwirksam:
Der Arbeitgeber muss sich bei einer Änderungskündigung auf das mildeste Mittel beschränken, dass für die Durchsetzung der unternehmerischen Entscheidung unabdingbar ist. Dies hatte die Arbeitgeberin nicht getan, denn diese hätte der Klägerin auch die Möglichkeit einräumen können, ihre Arbeitsleistung von zu Hause zu erbringen (Einzelfall abhängig).
Die Tätigkeit der Klägerin ist digitalisiert und kann rein technisch und praktisch auch von zu Hause aus erbracht werden, die technisch notwendige Infrastruktur ist bei der Klägerin zu Hause vorhanden und die Beklagte hat eine kollektivrechtliche Vereinbarung zur Heimarbeit (mit der Folge, dass der Beklagten die Heimarbeit nicht fremd ist).
In Anbetracht der oben genannten Punkt sowie der mittlerweile weit verbreiteten Möglichkeit des Homeoffice, hat das Gericht in diesem Fall die Kündigung als willkürlich erachtet und das Verhalten der Beklagten als "aus der Zeit gefallen" bezeichnet.
Die Entscheidung des ArbG Berlin ist noch nicht rechtskräftig, da die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt hat.
Doch beachten Sie, dass es sich bei diesem Urteil um eine Einzelfallentscheidung handelt. Zwar zeichnet sich ein positiver Trend ab, jedoch kann man hieraus nun nicht schließen, dass eine Kündigung nun stets unwirksam ist, wenn die Möglichkeit besteht von zu Hause aus zu arbeiten.
Es gelten weiterhin folgende Grundsätze:
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Eine Kündigung ist stets am Übermaßverbot auszurichten, d.h. sie muss in ihrer konkreten Ausgestaltung das mildeste Mittel darstellen, welches erforderlich ist, um die unternehmerische Entscheidung durchzuführen.
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Für Arbeitnehmer besteht jedoch kein Anspruch auf Homeoffice (etwas anderes ergibt sich aktuell, allerdings nur befristet bis zum 30.04.2021, aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung).
Fazit:
Nach wie vor gibt es noch keinen gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice, doch die positiven Erfahrungen mit dem Arbeiten im Homeoffice, welche viele Arbeitnehmer aufgrund der Pandemie gesammelt haben, ist zu vermuten, dass sich diese vermehrt in der Zukunft hierauf, im Falle einer Kündigung berufen werden. Somit dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, dass sich das Bundesarbeitsgericht dieser Rechtslage annimmt und diese gegebenenfalls überdenkt.
* Aus Gründen der Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet. Frauen und Divers sind mitgemeint.